Festschrift

Zur Geschichte des Aargauer Kuratoriums

Im Auftrag des Aargauer Kuratoriums verfasste ich einen Aufsatz zur 50-jährigen Geschichte der Kulturförderungsstelle des Kantons Aargau. Veröffentlicht wurde der Aufsatz in der Festschrift «Sauerstoff für Kunst und Kultur. 50 Jahre Kulturgesetz und Kuratorium im Aargau» von 2019.

Zutat zum Kuchen oder Hefe im Teig? 50 Jahre Aargauer Kuratorium (1969-2019)

Mit dem Abstimmungssonntag vom 15. Dezember endete das bewegte Jahr 1968 mit einer faustdicken Überraschung. Die stimmberechtigten Männer im Aargau sprachen sich für das Kulturgesetz aus. Sie taten das mit knapp 54% der abgegebenen Stimmen. Als einer der ersten Kantone in der Schweiz besass der Aargau eine rechtliche Grundlage für die Förderung des kulturellen Lebens. Warum die Aargauer die Finanzierung des künstlerischen und kulturellen Schaffens mit öffentlichen Geldern nicht ablehnten, darüber wurde in den nächsten Tagen gerätselt. Denn mit der Annahme der Vorlage hatte im Vorfeld niemand gerechnet. Zu harzig war der Gesetzgebungsprozess verlaufen. Über zehn Jahre lang beriet, sistierte, revidierte und entschärfte der Grossrat mehrere Vorlagen, bis er 1968 endlich einen Minimalkonsens als Entwurf zur Abstimmung vorlegte.

War es der originelle Abstimmungskampf gewesen, mit dem die Befürworter punkteten? Besannen sich die Stimmbürger auf die hochgehaltene Tradition des „Kulturkantons“, weil sie sich in Zeiten einer boomenden Wirtschaft den Luxus „Kultur“ leisten konnten? Holten sie sich die von der Denkmalpflege versprochenen Beiträge für die dringende Renovation so mancher Kirche im Kanton ab, weil das Kulturgesetz die längst fällige gesetzliche Grundlage für die staatlichen Zuschüsse schuf?

Dank der Annahme des Kulturgesetzes erfuhr der kulturelle Aufbruch nach 1945 im Kanton eine Fortführung. Waren es vorerst fehlende Kulturinstitutionen gewesen, die im Aargau gegründet worden waren, sicherte das Kulturgesetz deren langfristigen Unterhalt. Sie und zahlreiche weitere Kulturveranstalter konnten von nun an auf eine regelmässige, finanzielle Unterstützung ihrer Aktivitäten zählen.

Ob die Aargauer bei Ihrem Stimmentscheid an das neu zu schaffende Kuratorium dachten? Wussten sie mit dem seltsamen Namen „Kuratorium“ etwas anfangen? Über die anstehende Arbeit des Gremiums hatten wohl die meisten nur sehr vage Vorstellungen. Laut Gesetz war das Kuratorium für die Verteilung der Gelder zuständig. Ihm oblag die staatliche Kulturförderung, was immer auch das sein mochte.

1969-1972: Es harzt

Das neue Kulturgesetz trat am 1. April 1969 in Kraft. Wenigstens auf dem Papier. In Wirklichkeit bestand das Kuratorium zu diesem Zeitpunkt nur aus dessen Präsidenten Markus Roth. Die Wahl des freisinnigen Grossrats und Direktors der Konservenfabrik Hero in Lenzburg durch den Regierungsrat war logisch. Roth war bereits der Expertenkommission vorgestanden, die ab 1960 den Gesetzesentwurf für das neue Kulturgesetz ausgearbeitet hatte. In seiner Funktion als Präsident der Kulturstiftung Pro Argovia von 1952 bis 1956 lernte er die Verhältnisse im Kanton bestens kennen und sammelte Erfahrungen in der Verteilung von Geldern für kulturelle Bestrebungen.

Monate lang wartete Roth auf seine Mitstreiter und Mitstreiterinnen, die Regierung und Grossrat hätten ernennen sollen. Während die Regierung Roths Vorschläge akzeptierte, verzögerte der Grossrat die Wahl. Auslöser des parlamentarischen Widerstands war laut Auskunft von André Moosbrugger, der damals als Chef des Rechtsdienstes im Erziehungsdepartement seitens der Verwaltung die Errichtung des Kuratoriums begleitet hatte, die Frage der ausserkantonalen Experten.[1] Roths Vorschläge hätten zu viele externe Fachleute umfasst. Das Parlament wollte Roths Liste nicht einfach durchwinken. Es beharrte darauf, Persönlichkeiten aus dem Aargau zu berufen. So zog sich die Wahl bis in den Herbst 1969 hinein. Die mühsame Bestellung markierte den Anfang einer bis in die heutigen Tage spannungsreichen Beziehung zwischen Grossrat und Kuratorium. Bei aller Einsicht in die Notwendigkeit einer staatlichen Kulturförderung deckt sich das Engagement des Kuratoriums selten mit der Haltung der parlamentarischen Mehrheit.

Am 28. Oktober 1969 war es so weit. In einem Sitzungszimmer des Regierungsgebäudes in Aarau fand die konstituierende Sitzung statt. Elf Persönlichkeiten machten sich erstmals Gedanken über die Kulturförderung im Aargau. Fräulein Sylvia Huber vom Erziehungsdepartement sprang ein und übernahm das Protokoll.[2] Für drei Stunden wirkte sie als erste Sekretärin des Kuratoriums. Wer meint, an der Sitzung seien Visionen und kühne Ideen entworfen worden, irrt. Nicht Euphorie prägte die Sitzung, sondern nüchterner Pragmatismus. Die Anwesenden legten das Kulturgesetz dahingehend aus, dass sie keine eigenen „Unternehmungen“ durchführen, sondern nur Beiträge auf Gesuch hin sprechen wollten. Dafür sollte jedes Gesuch behandelt werden, auch wenn dies zu einer „Flut“ von Eingaben führe, so die Befürchtung. Von Bestandaufnahme war die Rede, von Abgrenzung gegenüber anderen Institutionen im Kanton, allen voran der Pro Argovia. In finanzieller Hinsicht gelte es, sich klug, also haushälterisch, zu positionieren, hiess es. Für Wissenschaftler sei der Nationalfonds die Anlaufstelle, die Gemeinden dürften nicht auf Kosten des Kulturprozents ihre Budgets entlasten. Organisatorisch schlug Roth die fünf Förderbereiche „Erwachsenenbildung“, „Wissenschaft“, „Theater, Musik, Film“, „Bildende Kunst“ und „Literatur, Folklore“ vor, wobei jedes Mitglied in deren zwei Einsitz nahm. Der Präsident erledigte anderweitige Aufgaben.

Der Pragmatismus hatte handfeste Gründe. Angesichts der zur Verfügung stehenden Gelder erwiesen sich Visionen fehl am Platz. Das Kuratorium musste mithelfen, rund 2,1 Millionen Franken Schulden der Denkmalpflege abzubauen. Bei den geschuldeten Geldern handelte es sich um Zuschüsse für Restaurierungen, die mangels einer gesetzlichen Grundlage nicht ausbezahlt werden konnten. Das neue Kulturgesetz schloss diese Gesetzeslücke, weshalb die zugesicherten Beträge jetzt ausbezahlt wurden. Der Regierungsrat beschloss, die angehäuften Schulden über drei Jahre abzutragen, also jedes Jahr 700ʼ000 Franken. Faktisch hatte das Kuratorium 1969 schon vor seiner Konstituierung seinen Kredit ausgeschöpft. Die Aussicht auf die nächsten zwei Jahre war nicht erfreulicher.

Neben Geldsorgen verhinderte auch der Termindruck visionäre Debatten über Sinn und Zweck staatlicher Kulturförderung. Bereits an der konstituierenden Sitzung lagen 19 Gesuche vor, die nach sofortiger Behandlung verlangten. Roth klärte auf: Die Gesuche seien ursprünglich an den Aargauer Lotteriefonds gelangt, der sie an das Kuratorium als neue zuständige Instanz weitergeleitet habe. Der Lotteriefonds sei bis anhin für ausserordentliche Ausgaben, die nicht über das ordentliche Budget des Staatshaushalts liefen, eingesprungen. Der Regierungsrat wünsche, dass sich das Kuratorium damit beschäftige, und stelle angesichts fehlender Mittel einen Nachtragskredit in der Grössenordnung von rund 170ʼ000 Franken in Aussicht. Diese Gelder würden Ende Jahr verfallen. Trotz Roths Drängen mochten die Anwesenden ohne Richtlinien und Kriterien, ohne Vorbereitung in der Sache keine Schnellentscheide fällen. Gesuch Nummer 1, eingereicht von den Aargauer Volkshochschulen, und folgende kamen erst an einer ausserordentlichen Sitzung im Dezember zur Sprache.

Die erste Sitzung drehte sich nicht nur ums liebe Geld, sondern offenbarte auch ein Zuständigkeitsgerangel zwischen Kuratorium und Verwaltung. Das Erziehungsdepartement hatte nämlich ein Interesse daran, möglichst viele Ausgaben im Bereich Kultur und Bildung nicht mehr über das ordentliche Budget oder über den Lotteriefonds, sondern über das Kulturprozent zu begleichen. Dagegen wehrte sich das Kuratorium: Erstens hatte die Regierung und nicht das Kuratorium diese Ausgaben beschlossen, und zwar zum Teil lange vor dem Kulturgesetz. Zweitens sah das Kulturgesetz vor, dass das Kuratorium eigenständig entscheidet, wofür es seine Mittel einsetzt.

Das Gerangel spitzte sich 1970 zu, als das Kuratorium realisierte, dass die Verwaltung wiederum eigenmächtig Ausgaben über den Kredit des Kuratoriums budgetiert hatte. Das Departement verteidigte sich mit dem Hinweis, man habe 1969 für das Jahr 1970 budgetieren müssen, als es noch kein funktionsfähiges Kuratorium bestanden habe. Mit dieser Antwort gab sich der Präsident des Kuratoriums nicht zufrieden. Es brauchte eine Aussprache mit der Regierung. Im Spätsommer 1970 setzten sich Landammann Bruno Hunziker, Erziehungsdirektor Arthur Schmid und Markus Roth an einen Tisch und bereinigten das Budget für das Jahr 1971. Die Sitzung der drei Herren wurde nicht protokolliert, Roth verfasste jedoch zuhanden des Kuratoriums eine Aktennotiz.[3] Es sei, erzählt André Moosbrugger damals gang und gäbe gewesen, auftauchende Probleme nach Diskussionen per Handschlag zu regeln.

Dank dem Wohlwollen der Regierungsräte Schmid und Hunziker setzte sich das Kuratorium in vielen Punkten durch. Die neuen Zuständigkeiten sahen vor, dass Beiträge an ausserkantonale und schweizerische Kulturorganisationen, etwa an die Schillerstiftung und das Phonogrammarchiv, zulasten des Kantons gingen. Ebenso Unterhalt und Betrieb des Kunsthauses. Gesuche von Bibliotheken fielen laut Ansicht der drei Männer unter das Schulgesetz und wurden dem Erziehungsdepartement zugewiesen. Den jährlichen Beitrag an das Stapferhaus hingegen musste das Kuratorium übernehmen, genauso die Zuschüsse an das Aargauer Symphonie Orchester. Da auch Gesuche der Theatergesellschaften in Zukunft ans Kuratorium gelangten, versprachen Hunziker und Schmid für 1971 mehr Geld, indem sie das Kulturprozent ausschöpfen wollten.

Mit dem dritten Budget für das Jahr 1971 hatte das Kuratorium seinen Platz in der Verwaltung erfolgreich abgesteckt. In Zukunft budgetierte es autonom, ohne Schuldenlast, ohne Eingriffe durch die Verwaltung, mit steigenden Finanzmitteln vor Augen. Im selben Jahr klärte das Kuratorium auch sein Verhältnis zur Pro Argovia, der wichtigsten Kulturstiftung im Kanton. Auslöser war ein Gesuch der Pro Argovia vom November 1970. Die Kulturstiftung wünschte einen jährlichen Beitrag von 20ʼ000 Franken für die Betreuung und Förderung der lokalen Kulturgesellschaften im Aargau. Darauf ging das Kuratorium nicht ein, weil Artikel 5 des Kulturgesetzes vorschrieb, „kulturelle Bestrebungen in Dorf und Stadt“ zu fördern. Eine Trennung, wonach die Pro Argovia lokale, das Kuratorium kantonale Institutionen unterstützte, kam nicht infrage.

Schritt für Schritt baute das Kuratorium seine Infrastruktur auf. Auf die Ende 1969 ausgeschriebene Stelle meldete sich eine einzige Person: ein Kanzleisekretär namens Walter Karrer. Am 1. April 1970 übernahm er das Sekretariat. Anfänglich fanden die Sitzungen in einem Büro des Regierungsgebäudes in Aarau oder irgendwo im Kanton in einem historischen Saal statt. Mit Aktenbündeln und einem stetig wachsenden Berg von Gesuchen unter dem Arm wanderte das Milizgremium zwei Jahre lang im Kanton herum, bis 1971 an der Vorderen Vorstadt 16 in Aarau ein festes Sekretariat eingerichtet wurde. Für 2ʼ000 Franken erstand das Kuratorium einen Konferenztisch (110 x 350 cm) und zwölf Polsterstühle. Das Mobiliar stammte aus der ehemaligen Gemeindeverwaltung Lauffohr und war laut Protokoll in einem absolut neuwertigen Zustand. Ein Schnäppchen! Begründet wurde der Ankauf mit der Feststellung, dass die Zahl der Gesuche steige, was mehr Sitzungen nach sich ziehe. Für die Beratungen der Gesuche trafen sich die Kuratoren und Kuratorinnen fortan im Sekretariat.

1973-1983: Wer wagt, kriegt auf den Deckel

Weil das ehrenamtlich arbeitende Kuratorium von Anfang an mit Finanzsorgen und Gesuchen kämpfte, gleichzeitig bis auf einen Sekretär, der vor allem protokollierte und kopierte, auf keinerlei Ressourcen zurückgreifen konnte, dauerte es zwei, drei Jahre, bis die internen Abläufe griffen. Zwar genehmigte der Regierungsrat 1971 das erste Geschäftsreglement, doch bis die Verfahren zur Beurteilung der eingereichten Gesuche überzeugten, dauerte es. Im Fall der Bildenden Künste wurde 1974 ein wegweisendes Papier verabschiedet.[4] Im Tätigkeitsbericht von 1978 veröffentlichten schliesslich alle Fachgruppen ihre Richtlinien.

Nach der Konsolidierung traten Fragen der Kulturförderung und der Kulturpolitik in den Vordergrund. Dabei trat sogleich ein Problem auf, das bis in die Gegenwart virulent bleibt: die institutionell gebundenen Beiträge. Zu ihnen gehörten Institutionen der Erwachsenenbildung wie die Volkshochschulen, das Stapferhaus oder der Herzberg, aber auch die Theaterbühnen in Aarau und Baden sowie Orchester und Chöre. Sie hatten alle Anrecht auf eine „rentenhafte“ Unterstützung, wie sich Roth ausdrückte, sowie auf Zuschüsse für Sonderleistungen.[5] Im Vergleich zur individuellen Unterstützung waren diese jährlich wiederkehrenden Beiträge namhaft, so dass vor allem die Fachgruppe „Bildende Künste“ schon 1970 monierte, die Förderung von Personen käme zu kurz.

Die Ende 1970 mit der Pro Argovia geführte Diskussion über Gesuche der lokalen Kulturveranstalter in den Gemeinden legte ein weiteres Spannungsfeld offen. Wer bekam in den Dörfern für welche Leistungen welche Beiträge zugesprochen? Die Frage hatte eine politische Dimension. Abschlägige Bescheide des Kuratoriums wurden nicht goutiert und fanden im Grossrat ein bedrohliches Echo. Nach der Abstimmung zum Kulturgesetz waren die Erwartungen in den Gemeinden hoch. Die einen optierten im Kuratorium für einen Verteilschlüssel, da gerechter und weniger anfechtbar, die anderen beharrten auf der freien Würdigung. Am Schluss setzte sich die Einsicht durch, dass sich die Praxis ohne Verteilschlüssel bewährt hatte. Selbstkritisch gab Roth zu bedenken, dass sie „bei der Festlegung der Beitragswürdigkeit gewisse Zensuren“ erteilen müssten.[6] Im Klartext hiess das: Selbst wenn das Kuratorium politische Empfindlichkeiten berücksichtigen musste, hatte nicht jeder Chor im Dorf, der ein Gesuch stellte, Anrecht auf Zusage.

In der Öffentlichkeit war das Kuratorium in den ersten Jahren seines Bestehens nicht sichtbar. Es beschränkte seine Tätigkeit auf die Beurteilung der Gesuche, deren Entscheide schriftlich mitgeteilt wurden. Wie also auftauchenden Vorwürfen begegnen, man sei ein elitärer Klüngel, und nur wenigen und immer den gleichen käme die Kulturförderung zugute? Im Frühjahr 1971 organisierte das Kuratorium im Volksbildungsheim Herzberg eine Pressekonferenz, denn Aufklärung tat Not. Der Anlass entpuppte sich schon am Folgetag als Flop, weil die Aargauer Zeitungen äusserst kurz und nüchtern über die Aktivitäten des Kuratoriums berichteten. Die Berichterstattung bestätigte eher Vorurteile, als dass sie diese widerlegt hätte. Es brauchte grössere Anstrengungen, vor allem mehr Transparenz.

Nach langer Vorbereitung veröffentlichte das Kuratorium 1973 seinen ersten Tätigkeitsbericht in Form eines Buches.[7] Porträts der geförderten Künstler und Künstlerinnen, Fotografien von Kunstwerken und Kulturveranstaltungen gaben der Kulturförderung ein individuelles Gesicht. Der Rechenschaftsbericht zeichnete das Bild einer lebendigen und vielfältigen Kulturszene. Gleichzeitig listete er akribisch auf, wer mit welchen Mitteln unterstützt wurde. Im Vorwort rechtfertigte Markus Roth die Beitragspolitik des Kuratoriums mit zwei Argumenten: Erstens wolle das Kuratorium keine „Staatskultur“ mit öffentlichen Geldern einleiten, weshalb sie sich keine „starre Zielsetzung“ auferlegt habe. Zweitens stehe der Erhalt der bestehenden kulturellen Anlässe und Institutionen im Vordergrund. In Zukunft werde das Kuratorium allerdings auch „neue Initiativen“ und „originelle Animatoren“, ja „engagierte, grössere Vorhaben“ unterstützen.

Was es mit Roths verklausulierter Ankündigung genau auf sich hatte, erfuhren die Aargauer und Aargauerinnen 1974 in Zofingen (zofiscope 1974), 1976 in Aarau (Blumenhalde) und 1978 am Hallwilersee (Symposium Seengen). In allen drei Fällen unterstützte das Kuratorium mehrtägige Kunst- und Kulturveranstaltungen, sogenannte „multimediale Aktionen“. Getragen wurden die Veranstaltungen von einer jungen, politisch engagierten Generation, die sich im Geist der Achtundsechziger Bewegung kritisch und experimentierfreudig mit der Gegenwart auseinandersetzte. Die Feste fanden nicht in einem Museum oder Festsaal statt, sondern im öffentlichen Raum. Ob in Zofingen, Aarau oder Seengen zielte das neue Kulturverständnis mittels oft spontaner Projekte auf die Beteiligung der Bevölkerung.

Die basisdemokratische Teilhabe behagte den Angesprochenen nicht. Sie teilten die dargebotene Konsumkritik nicht, störten sich nicht an der „offiziellen Kultur“, die sie mitunter gerne besuchten, und begegneten dem bunten Treiben auf den Strassen und Plätzen mit Argwohn und Missmut. Die Infragestellung von Wohlstand und traditionellen Werten empfanden viele als Provokation, ja als Beleidigung. Kunstobjekte und Parolen blieben für sie rätselhaft, oder wurden als Humbug abgetan. Entsprechend harsch fielen die Reaktionen aus. Das „Zofinger Tagblatt“ sprach 1974 von „bärtigen chronischen Opponenten“, von „Künstler-Extravaganzen auf Kosten der öffentlichen Hand“.[8] 1978 drohte das „Badener Tagblatt“, es müssten Voraussetzungen geschaffen werden, mit welchen sich Veranstaltungen wie in Seengen und ähnliche Vorkommnisse verhindern liessen. Wenn nicht anders möglich, sollte man vor einer Gesetzesänderung nicht zurückschrecken.[9]

Das „Interdisziplinäre Symposium der Künste“ in Seengen löste aufgrund einer Interpellation des Safenwiler Jakob Hüssy 1978 einen kulturpolitischen Schlagabtausch im Grossrat aus.[10] Hüssy monierte, der mit nur einem „normalen Menschenverstand“ ausgerüstete Bürger verstehe nicht mehr, was die heutige Kunst aussagen wolle. In der anschliessenden Debatte meldeten sich zwölf Redner und Rednerinnen zu Wort. Grossrat Klaus-Jörg Dogwiler erinnerte an „zofiscope“ und „Blumenhalde“ und hielt fest, von der „Übung in Seengen“ sei nichts anderes zu erwarten gewesen. Mehrere Votanten drohten unverblümt, bei der nächsten Budgetdebatte das Kulturprozent zu kürzen. Mitten in der Beratung unterbrach der Grossratspräsident die Sitzung. Er lud zum Spiel der Infanterie RS 205 in der Halle des Rathauses ein. Nach dem Unterbruch verteidigte Landammann und Regierungsrat Arthur Schmid die vom Kuratorium betriebene Kulturförderung. Kunst benötige Freiräume und keine von Regierung und Grossrat sanktionierte Staatskultur. Es wäre, so schloss der sichtlich verärgerte Landesvater, ein Akt der politischen Klugheit, nicht vorzuschreiben, welche Art von Kunst oder gar welche aargauischen Künstler zu fördern seien.

Nicht nur „Aktionen“, sondern auch Theateraufführungen hatten das Zeug zum Skandal. So geschehen 1977 auf der Innenstadtbühne Aarau, die jährlich vom Kuratorium unterstützt wurde. Als in Peter Schweigers Inszenierung von H.C. Artmanns „Der karierte Charmeur“ eine barbusige Schauspielerin und eine Stoffattrappe eines männlichen Glieds auf der Bühne erschienen, führte dies in Aarau zu einer mehrjährigen Theaterkrise, einem langwierigen Streit zwischen Behörden, Stadtparlament und Bühne, die 1980 in der zeitweiligen Auflösung des Ensembles gipfelte.

Ein anderes Projekt, das Schiffbruch erlitt, war der „Bilderausleihdienst“. Dabei handelte es sich um eine der ersten Initiativen des Kuratoriums, für die der Regierungsrat im Juli 1973 grünes Licht gab.[11] Die Idee dahinter war einfach. Schulen, Jugendlokale und Gemeinden konnten gratis Bilder und Kunstobjekte von Aargauer Künstlern und Künstlerinnen für maximal sechs Monate ausleihen. Für diesen Zweck kaufte das Kuratorium Kunstwerke für rund 150ʼ000 Franken. Die Summe reichte für einen Grundstock von knapp 50 Bildern und Objekten, wobei das Kunsthaus die Lagerung und den Transport der Werke übernahm. Den Bezirks- und Gewerbeschulen im Kanton schickte das Kuratorium einen Werkkatalog, der neben technischen Angaben auch Anregungen für ein Gespräch zu jedem Kunstwerk enthielt. Im Tätigkeitsbericht von 1977 machte es ebenfalls auf den Dienst aufmerksam, indem es die Werkliste samt Informationsblatt abdruckte. Das Interesse der angesprochenen Kreise war gering. Nach einer Auseinandersetzung mit dem aktuellen Kunstschaffen herrschte im Kanton kein Verlangen. Diese frustrierende Erkenntnis und die Tatsache, dass die Organisation des Dienstes die Kuratoriumsmitglieder stark beanspruchte, führten zum Entscheid, den Bilderausleihdienst um 1983 in aller Stille einzustellen.[12]

Eine andere Initiative des Kuratoriums erwies sich hingegen als pionierhafte Tat. Für gut 60ʼ000 Franken kaufte man sich 1977 in die Fondation de la Cité Internationale des Arts in Paris ein und erwarb sich ein Künstleratelier. Kulturschaffende aller Sparten konnten ohne Auftrag seitens des Kuratoriums zwischen drei und sechs Monaten eine Auszeit nehmen und sich ganz ihrer Kunst widmen. Als erster Künstler reiste 1978 Jean Pfaff nach Paris. Der Kanton Aargau gehörte zu den frühesten öffentlichen Kulturförderern, die über dieses Instrument verfügten.

1982 geriet das Kuratorium selbst ins Kreuzfeuer der Kritik, und zwar im Saalbau Reinach. An der Feier zur Werkjahrausstellung, an der das Kuratorium den prämierten Künstlern die Checks überreichte, kam es zu einem Tumult.[13] Ein Besucher beschimpfte die geförderte Kunst als „Umweltverschmutzung“, die ausgezeichneten Künstler Josef Herzog, Mireille Gros, Otto Grimm, Rudolf Härdi und Beat Zoderer als „Pflastersteinwerfer“. Von den jungen Leuten verlangte er eine „positive Haltung“ und die „Darstellung einer heilen Welt“.

Vielleicht war es die Erfahrung in Reinach, die den streitbaren Kurator Max Matter als Obmann der Fachgruppe Bildende Kunst dazu veranlasste, im Kunsthaus Aarau eine Ausstellung unter dem Titel „Übersicht“ auf die Beine zu stellen. Einem breiten Publikum sollte gezeigt werden, welche Kunst das Kuratorium seit seinem Bestehen förderte. Doch damit gab sich Matter nicht zufrieden. Er wollte Vorurteile gegenüber der modernen Kunst ansprechen und Reaktionen auslösen. Zu diesem Zweck liess das Kuratorium eine Plakatserie entwerfen. Die Plakate waren grafisch und sprachlich der Boulevardpresse nachempfunden. Sie provozierten sinngemäss mit der Aussage „ned es domms Muul ha, chömed cho luege, chömed cho säge, was ech bewegt“. Kuratoriumsintern waren nicht alle vom Blick-Stil begeistert. Mehrere Kuratoren zweifelten, ob die Angesprochenen ein Gehör für die Ironie hätten.

Gut drei Wochen vor Eröffnung der Ausstellung „Übersicht“ klingelte beim Präsidenten des Kuratoriums, Pfarrer Rudolf Schmid das Telefon.[14] Heiny Widmer verlangte ultimativ, die Plakate zurückzuziehen. Deren Texte würden einen Skandal auslösen und er, Widmer, sei nicht bereit, als Hausherr der Ausstellung dafür die Verantwortung zu übernehmen. Kurz darauf klingelte bei Pfarrer Schmid erneut das Telefon. Diesmal forderte Regierungsrat Arthur Schmid, die Plakate einzustampfen. Die Ironie werde, so Schmid, nicht verstanden, vielmehr erweckten die Plakate den Eindruck, das Kuratorium mache sich über seine Kritiker lustig. Als Verantwortlicher des Kunsthauses werde er verfügen, die Plakate nicht auszuhängen. Derart unter Druck gesetzt, liess das Kuratorium die Plakate einstampfen.

Mit knapp 5ʼ000 Eintritten war die Ausstellung ein Publikumserfolg. Auch die Presse war vom Gebotenen angetan. Begleitet wurde die Ausstellung im Kunsthaus zudem von der Publikation „Übersicht: Diese Kunst fördert der Kanton Aargau“.[15] Das Buch diente als Ausstellungskatalog und Rechenschaftsbericht des Fachbereichs „Bildende Kunst“. Anlässlich der Vernissage sprach Max Matter Klartext: Wer gegen die künstlerische Freiheit antrete, trete gegen den Gedanken der Freiheit an.[16] Forderungen nach Domestizierung oder Diffamierung bestimmter Inhalte und Formen gehörten zu den totalitären Systemen. Unterhaltungssendungen des Fernsehens wie der Grand Prix Eurovision seien keine Kulturhöhepunkte, nur weil sie sich ein Millionenheer von Zuschauern zu Gemüte führten. Matters flammendes Plädoyer für die freiheitliche Kunst als kritisch-wacher Spiegel der Demokratie gipfelte in der geistreichen Umkehrung des Ausstellungstitels: Die vom Kuratorium unterstützte Kunst fördere den Kanton Aargau.

Im Rückblick markiert die Ausstellung ein neues Selbstbewusstsein des Kuratoriums. Von den Polemiken in der Presse und Drohungen im Grossrat hatte es sich nicht beirren lassen. Es stellte sich auf die Seite der Künstler und Künstlerinnen. Darauf war man stolz, und liess es den Kanton wissen.

1983-1991: Vom eigenen Erfolg lahmgelegt

Seit 1977 veröffentlichte das Kuratorium alljährlich einen Tätigkeitsbericht. Eine maschinengeschriebene Broschüre: innen grau, aussen farbig. Auf das Vorwort des Präsidenten folgen kurze Berichte der Fachgruppen. Eine trockene, mitunter anstrengende Lektüre, die verdeutlicht: Das Kuratorium hatte in den 1980er Jahren viel Arbeit zu erledigen. Jahr für Jahr nahmen die Gesuche zu. Die Finanzmittel aus dem Kulturprozent stiegen zwar von rund 1,5 Millionen 1977 auf über 3,8 Millionen Franken 1991 an, aber längst nicht im selben Verhältnis wie die Gesuche. Umso ärgerlicher war die Tatsache, dass der Grossrat das Kulturprozent nie ausschöpfte. In schlechten Jahren kürzte er das Budget auf beinahe die Hälfte der möglichen Maximalsumme, in guten Jahren liess er es bei drei Vierteln bewenden. Steigende Gesuche, knappe Mittel, wobei die jährlich gebundenen Zahlungen an stets dieselben Institutionen den Handlungsspielraum weiter einengten, so präsentierten sich die 1980er Jahre. Exemplarisch dafür steht die Aargauer Theaterkrise.

1980 bilanzierte Kuratoriumsmitglied Anton Krättli als Gruppenobmann „Theater, Literatur“ nach zwölf Jahren Tätigkeit im Tätigkeitsbericht noch stolz, der Kanton Aargau verfüge über eine lebhafte Theaterszene. Selbst Rückschläge wie die Auflösung des Ensembles der Innenstadtbühne würden nichts am positiven Befund ändern. Handlungsbedarf sah Krättli bei der Finanzierung. Die professionellen Kleintheaterbühnen und festen Theatergruppen möchten nicht jedes Jahr dieselben Gesuche samt Spielplan, Budget und abgeschlossener Rechnung einreichen müssen. Krättli sprach aus der Sicht eines Kurators, der seit 1969 aufbauen half. Doch die einmal aufgebauten Bühnen wollten auch morgen und übermorgen spielen.

Für Albert Hauser, der Krättli als Leiter der Fachgruppe „Theater, Literatur“ folgte, zeigte die Bestandaufnahme ein ganz anderes Bild.[17] Im Aargau kämpften Theaterschaffende mit wachsender Konkurrenz, stagnierenden Publikumszahlen, Schulden und Budgets, die weder Betriebs- noch Lebenskosten abdeckten. Die zur Verfügung stehenden Mittel des Kuratoriums reichten nirgends hin, für neue Initiativen fehlte das Geld. Das Kuratorium seinerseits ärgerte sich über die Gemeinden, die ihren Verpflichtungen nicht nachkamen und die Kosten auf die kantonale Kulturförderung überwälzten. Die alte Forderung, wonach Kuratorium, Gemeinden und Private die Kosten zu gleichen Teilen tragen sollten, erwies sich als Illusion.[18] Als die Pro Argovia 1984 im Stapferhaus eine Tagung zur Dauerkrise des Theaters unter dem Titel „Aus den Kellern in die Dörfer“ durchführte, blieb bis auf die Forderung, das Kuratorium solle mehr Gelder sprechen, wenig an brauchbaren Ideen übrig, wie Hauser ernüchtert feststellte[19]. Auf die Dauerkrise reagierte das Kuratorium, indem es die festen Bühnen und professionellen Truppen bevorzugte und Projekte zur besseren Vermarktung von Veranstaltungen förderte.

Viel Arbeit bescherte die von Jahr zu Jahr steigende Anzahl Gesuche, und zwar in allen Sparten. Für die Abarbeitung der Papierstösse und Kassettenberge benötigten die Kuratoren und Kuratorinnen immer mehr Sitzungsstunden. Zuhause verbrachten sie viel Zeit mit Lese- und Hörproben, Spielplänen und Eingaben von Gemeindeveranstaltungen. Auch wenn ihre Neugierde gross und ihr Enthusiasmus unerschöpflich war, überschritt die Beanspruchung oft das Mass des Erträglichen. Ausgestattet mit einem kleinen Sekretariat kam das Kuratorium an seine Leistungsgrenzen, während das kulturpolitische Umfeld sich professionalisierte. Widmeten sich in anderen Kantonen ganze Kulturabteilungen der Kulturförderung, lagerte der Aargau ein Grossteil dieser Arbeit kostengünstig an ein ehrenamtliches Gremium aus, das nach dem Prinzip der Selbstausbeutung unter Wahrung der Autonomie funktionierte.

1991-1997: Luftzufuhr

1991 feierte die offizielle Schweiz 700 Jahre Eidgenossenschaft, doch die Jubelveranstaltungen im Land wurden von einem Grossteil der Kulturschaffenden boykottiert. Nach dem Fichenskandal hatten sie keine Lust mehr, sich für jenen Staat künstlerisch zu engagieren, der sie jahrzehntlange als staatsgefährdend einstufte und überwachen liess. Für das Kuratorium waren die Feiern ein Segen. Der Grossrat liess sich nicht lumpen und schöpfte das Kulturprozent voll aus. Der Kredit sprang von 3 Millionen 1990 auf 3,85 Mio. Franken 1991. Dadurch entschärften sich die Finanzierungsprobleme des Kuratoriums spürbar. Der Geste war die Kampagne „100% für 1%“ der Pro Argovia vorausgegangen, die in der Presse und im Parlament eine Grundsatzdebatte auslöste: War das Kuratorium überhaupt noch in der Lage, den gesetzlichen Auftrag zu erfüllen? Sinnvollerweise liess sich die Frage erst nach einer kulturpolitischen Standortbestimmung beantworten. Genau darauf zielte die von 54 Grossräten unterzeichnete Motion von Rudolf Lüscher vom 25. Juni 1991, die der Regierungsrat entgegennahm und zügig beantwortete.

Das Erziehungsdepartment benötigte vom Kuratorium dringend einen Bericht. Schon im Juli 1991 lag ein von Konrad Wittmer verfasstes, 17-seitiges Papier vor.[20] Seine Analyse benannte die strukturellen Schwächen der Kulturförderung. Die Institutionalisierung der Kultur führte dazu, dass mittlerweile gut zwei Drittel des Kuratoriumskredits gebunden waren, wobei neun Institutionen (fünf Theatergruppen, drei Begegnungsstätten und das Aargauer Symphonie Orchester) 39% des Kredits beanspruchten. Für Einzelprojekte und individuelle Beiträge blieb knapp ein Drittel übrig. Zu wenig. Sollte die Erwachsenenbildung nicht besser über ein neues Erwachsenengesetz aus dem Zuständigkeitsbereich des Kuratoriums herausgelöst werden? Müsste der Kanton nicht alle Kulturinstitutionen von kantonaler Bedeutung aus seinem ordentlichen Budget finanzieren und so das Kuratoriumsbudget entlasten?

Gleichzeitig machte Wittmers Bericht klar, dass das Kuratorium gerne mehr Gelder für Filmvorführungen gesprochen oder die angewandte Kunst, also Kunsthandwerk, Fotografie Grafik und Architektur, stärker berücksichtigt hätte. Auch mehr Kompositionsaufträge würde es erteilen, wenn die Mittel bloss vorhanden wären, zusätzliche Ateliers, darunter eines für auswärtige Kunstschaffende im Aargau, würden zur Verfügung gestellt. Vor allem aber sah sich das Kuratorium ausserstande, Informations- und Vermittlungsarbeit zu leisten. Hierfür fehlten nicht nur das Geld, sondern schlicht die administrativen und personellen Ressourcen.

Noch im August 1991 nahm das Erziehungsdepartement die Standortbestimmung zur Kenntnis mit dem Auftrag der Regierung, „allfällig daraus resultierende Konsequenzen“ zu ziehen.[21] Nach einer Aussprache im September zwischen Erziehungsdepartement und Kuratorium folgten erste Anpassungen. Kurzfristig sprang der Lotteriefonds bei der Finanzierung von Stapferhaus und Aargauer Symphonie Orchester ein. 1993 erhielt das Kuratoriumssekretariat mehr Personal und mehr Büroräume. Im gleichen Jahr bewilligte das Erziehungsdepartement eine Fachstelle für Theater und eine Fachstelle für allgemeine Kulturfragen. Mit den beiden Fachstellen, die im Kuratorium untergebracht waren, nahm der Bereich Information und Vermittlung endlich Gestalt an. Darüber hinaus legte das Kuratorium an Fachwissen zu. Eine Revision des Kulturgesetzes stand für die Regierung hingegen nicht zur Diskussion.

Die Professionalisierung und finanzielle Besserstellung verlieh dem Kuratorium neuen Schub. Ab 1991 erschienen die Tätigkeitsberichte in frischer Aufmachung. Verantwortlich dafür war die Grafikerin Irene Vögeli, die sich in einem Wettbewerb durchgesetzt hatte. Zum neuen Auftritt gehörte die erstmalige Verwendung eines Logos, denn bis anhin trugen Publikationen nur den ungelenken Namen „Aargauer Kuratorium für die Förderung des kulturellen Lebens“. 1993 erwarb das Kuratorium in der Cité Internationale des Arts in Paris ein zweites Atelier und eröffnete nach dem Mauerfall und dem Zusammenbruch der Sowjetunion ein drittes in Prag, dem neuen Hotspot im Osten.

Den wiedergewonnenen Handlungsspielraum nutzte das Kuratorium für sogenannte „Joker“. Mit dem dafür reservierten Geld förderte das Kuratorium ausserhalb der laufenden Gesuche pro Jahr ein Projekt frei nach Lust und Laune. Ein frühes Beispiel für einen „Joker“ war die damals noch unbekannte Museumspädagogik. In Zusammenarbeit mit dem Kunsthaus wurde 1995 ein zukunftsweisendes Vermittlungsprojekt ausprobiert, das sich als durchschlagender Erfolg erwies und die Kunstvermittlung zur festen Institution werden liess.

Die Wirtschaftskrise der frühen 1990er Jahre traf das Kuratorium verzögert. Erst 1994 wurde der Kredit von 4,7 Millionen Franken bis 1996 eingefroren. Parallel dazu tauchten in den Tätigkeitsberichten wieder Klagen über die Sparmassnahmen der Gemeinden auf. In Zeiten knapper öffentlicher Mittel sparten sie erneut im Kulturbereich, wohlwissend, dass das Kuratorium Bühnen und Chöre nicht im Stich lassen würde. Da die Zahl der Gesuche weiter anstieg, verknappten sich die Mittel. Es drohte das alte Fahrwasser.

In den 1990er Jahren äussersten sich Kuratoriumsmitglieder erstmals kritisch zur Qualität der Gesuche. Selbstverständlich genügten schon früher Eingaben nicht den Qualitätskriterien, dass aber öffentlich darüber berichtet wurde, war neu. Albert Hauser bemerkte für die Literatur, die „selbstkritische Hemmschwelle auf dem Weg zum Kuratorium“ werde von Jahr zu Jahr niedriger. Viel „zweifelhafte Qualität“ machte Ueli Däster bei den Werkproben der Bildenden Künste aus.[22] Hörproben von Schülerbands wussten auch selten zu überzeugen. Wenn solche Gesuche auch keine Chancen auf Zusprüche hatten, kosteten sie doch Zeit und mitunter Nerven.

1994 stand das 25-jährige Kuratoriumsjubiläum an. Eine grosse Feier fand nicht statt. Angesichts zahlreicher personeller Rochaden unter den Kuratoren und Kuratorinnen im Vorfeld der Feier reichten die Kapazitäten nicht aus, um ein Fest auf die Beine zu stellen. Immerhin traf man sich zu einer Klausurtagung. Dort wurden Statistiken erstellt und Zukunftspläne geschmiedet. Neben der Beurteilung der Gesuche wollte das Kuratorium vermehrt Schwerpunkte setzen, kulturpolitische Anregungen geben und seine Öffentlichkeitsarbeit verstärken. Wie dünn das Eis war, auf der sich die Kulturförderung bewegte, verdeutlichte Ende Jahr die Abstimmung zum Kulturförderungsartikel in der Bundesverfassung. Das Anliegen scheiterte am Ständemehr. Mit 57,9% Nein-Stimmen verwarf der Kanton Aargau den Bundesbeschluss deutlich.

1998-2011: Aufbruch zu neuen Ufern

Während der Kanton Zürich 1997 allein das Opernhaus mit knapp 60 Millionen Franken subventionierte, hätte das Kulturprozent im Aargau 1997 maximal 10,8 Millionen Franken abgeworfen, aufgeteilt zwischen Denkmalschutz und Kuratorium. Hätte. Das Parlament sprach dem Kuratorium einen Kredit von knapp 4,8 Millionen Franken. Diese Zahlen präsentierte Präsidentin Dorette Kaufmann-Bircher im Tätigkeitsbericht von 1997. Nach drei Jahren mit stets demselben Budget, stieg der Kredit nicht einmal um 100ʼ000 Franken. Das war frustrierend, weshalb die Präsidentin an den Kantonsstolz appellierte.

Ein Jahr später bewilligte die Regierung eine neue Stelle für das Kuratorium. In der Person von Jörg Zumsteg erhielt es 1998 seinen ersten Geschäftsführer, was für das Präsidium eine erhebliche Entlastung darstellte. Zumsteg und sein Team, bestehend aus Sekretariat und Fachstellen, nahmen von nun an die operativen Aufgaben des Aargauer Kuratoriums wahr. Sie bereiteten die Gesuche für die Beratungen der Fachbereiche und des Plenums vor und setzten dessen Beschlüsse um. Zumstegs Arbeitsantritt fiel praktisch mit dem örtlichen Wechsel der Geschäftsstelle in das alte Gebäude der Kantonalbank am Bahnhofsplatz Aarau zusammen. Eingewöhnungszeit wurde ihm keine gewährt. Hatte die Regierung das Kuratorium gestärkt, hatte das Parlament zum ersten Mal in der Geschichte dessen Kredit für 1998 um eine halbe Million auf 4,32 Millionen Franken gekürzt. Der Kredit entsprach noch 42,8% des Kulturprozents. Gegen Ende des Millenniums sendeten Regierung und Parlament widersprüchliche Signale aus. Wie verhielt sich das Kuratorium gegenüber Parlament und Öffentlichkeit? Die Antwort liess nicht lange auf sich warten.

Noch 1998 erarbeitete das Kuratorium die Grundlagen für ein Leitbild. Ein Jahr später wurde es in einer Auflage von 2ʼ500 Exemplaren publiziert. Selbstbewusst definierte das Strategiepapier die Aufgabe des Kuratoriums: Kultur sei wesentlicher Bestandteil des menschlichen Denkens, Fühlens und Verhaltens. Die Kunst als konkrete Ebene der Kultur beschäftige sich mit den grundlegenden Fragen des Menschen. Aufgabe des Staates in der Kulturförderung sei es, Freiräume für die Kunst zu schaffen. Für Freiräume setzte sich das Kuratorium ein, indem es Vernetzungsarbeit leisten, Stellung zu politischen Entscheiden beziehen, sich auf allen Ebenen einbringen wollte. Unter der Rubrik „Perspektiven“ wurden Forderungen aufgelistet: Das Kuratorium möchte in der Schweizer Kulturlandschaft mehr Gewicht erlangen. Kultur solle im Aargau als wichtige Kraft anerkannt werden, die „Kulturverträglichkeit“ ein Massstab für die Politik sein. Das Kulturprozent müsse ausgeschöpft und das Kuratorium administrativ und organisatorisch genügend ausgestattet sein. Zudem gehöre die Erwachsenenbildung ins ordentliche Budget des Kantons. Das war schon beinahe eine Kampfansage, oder wie es auf der Rückseite der Broschüre hiess: Herzlich willkommen in unseren Büros oder auf unserer website!

Im nächsten Jahr erschien der Tätigkeitsbericht in einem neuen Kleid. Die an sich selbst gerichteten, hohen Ansprüche gegenüber der Öffentlichkeit wurden sicht- und lesbar. Eine phantasievolle, ästhetisch anspruchsvolle Publikation zeichnete ein faktenreiches Bild der vielseitigen kulturellen Aktivitäten. Erstmals wurde eine detaillierte Jahresrechnung abgedruckt und unter der neuen Rubrik „Statistik“ allerhand Zahlen rund um Gesuche und Förderbeiträge bereitgestellt. Die Botschaft war klar: Transparenz und Professionalität standen für einen sorgsamen Umgang mit den vom Staat anvertrauten Geldern. Der neue Auftritt ab 2000 sollte rasch zum Markenzeichen des Kuratoriums werden, ebenso die den Berichten beigelegten „Surplus“. Die künstlerisch gestalteten Beilagen bildeten einen spielerischen Kontrapunkt zu den Zwängen des New Public Management. Letztere bekamen die institutionellen Empfänger grösserer jährlicher Beiträge zu spüren. Neu stand ein Controlling an, für das Formulare bereitstanden.

Da der Grossrat angesichts der wirtschaftlich angespannten Lage in den frühen 2000er nicht davor zurückschreckte, den Kredit für das Kuratorium zu kürzen, häuften sich die Klagen über die knappen Mitteln bei steigenden Gesuchen und Erwartungen an das Kuratorium. Ob dieser Problematik blieb der Umzug von 2003 an die heutige Adresse Behmen II beinahe eine Randnotiz. 2003 versuchte das Kuratorium mit einer Kartenaktion Druck auf die Regierung zu machen. Wer der Meinung war, das Kulturprozent gehöre voll ausgeschöpft, unterschrieb eine Karte und schickte sie zurück ans Kuratorium. 5ʼ129 Karten zählte Zumsteg am Ende der Aktion. Diese Zahl repräsentierte leider nicht die breite Unterstützung, eher symbolisierte sie das Motto „klein, aber fein“. Dennoch: Der dauernde Streit um die Ausschöpfung des Kulturprozents offenbarte die Schwächen dieses Finanzierungsmodells.

Ein anderer Schwachpunkt des Kulturgesetzes war die Festlegung der Zuständigkeiten zwischen Kuratorium und Staat, die sich als nicht mehr sinnvoll erwiesen. Insbesondere die Erwachsenenbildung, aber auch die kulturwissenschaftliche Forschung waren Aufgabenbereiche des Kuratoriums, für die der Staat im Rahmen des ordentlichen Budgets aufkommen sollte.

Im Hinblick auf das 40-Jahre-Jubiläum des Kuratoriums entschlossen sich Parlament und Regierung zur Revision des Kulturgesetzes. Das Kuratorium unterstützte die Revision und deren Stossrichtung, beharrte jedoch darauf, dass seine Autonomie nicht angetastet wurde. Diese aargauische Besonderheit der Kulturförderung hatte sich bewährt, sie wurde dezidiert verteidigt.[23] Mit Erfolg. Keine Angst machte der Präsidentin Irene Näf-Kuhn die Ersetzung des Kulturprozents durch einen jährlichen Kredit. Darin sah sie keine „Entzauberung einer Sonderstellung“.[24] Da das Kulturprozent fast nie ausgeschöpft worden war, blieb der theoretische Anspruch auf einen höheren Kredit blosses Wunschdenken. Gegenüber der neuen „Leuchtturmpolitik“ ging die Präsidentin allerdings auf Distanz. Für die Idee, an kantonale Kulturinstitutionen von Rang höhere Beiträge zu bezahlen, mochte sich das Kuratorium nicht erwärmen, auch wenn das Förderinstrument in die Zuständigkeit des Kantons fiel. Die Privilegierung der „Leuchttürme“ – 2009 KiFF Aarau, Stapferhaus Lenzburg, argovia philharmonic, Schweizer Kindermuseum Baden, Fantoche Festival Baden, Künstlerhaus Boswil, tanz&kunst königsfelden, Museum Langmatt Baden und Murikultur – durfte, so die Befürchtung von Irene Näf-Kuhn, nicht auf Kosten der anderen kleineren Kulturveranstalter gehen. Da halte sich das Kuratorium, so die Präsidentin, lieber an qualitative und politikferne Kriterien.

Das 2009 vom Parlament Ende März verabschiedete revidierte Kulturgesetz konzentrierte den Aufgabenbereich des Kuratoriums auf „Kunst in sämtlichen Sparten“, „immaterielles Kulturerbe“ und „spezifische Weiterbildung für Kulturschaffende“. Die Erwachsenenbildung und kulturwissenschaftliche Forschung gehörten, wie schon lange gefordert, nicht mehr dazu. Neu standen etwas mehr als 6 Millionen Franken zur Verfügung, womit der Kredit im Vergleich zum Vorjahr leicht erhöht wurde. Als Jörg Zumsteg am Festakt zum 40-Jahr-Jubiläum in Baden dem Künstler Kurt Bachofen stellvertretend für die Kulturschaffenden das neue Kulturgesetz überreichte, begann in der Geschichte des Kuratoriums ein neues Kapitel.

Seit 2010: Das Kunstschaffen in der Kulturlandschaft Aargau

Mit dem Inkrafttreten des revidierten Kulturgesetzes am 1. Januar 2010 drängte sich eine Neufassung des Leitbilds auf. Im Vergleich mit dem Leitbild von 1999 fallen zwei Punkte auf. In den einleitenden Zeilen, die Ziel und Zweck des Kuratoriums umschreiben, ist nicht mehr von der Bedeutung der Kultur für den Menschen die Rede. Neu stellt sich das Kuratorium in den Dienst des zeitgenössischen künstlerischen Schaffens. Die Fokussierung auf ein vielfältiges, qualitativ hochstehendes Kunstschaffen korrespondiert mit den reduzierten Aufgabenbereichen: Nicht mehr Kultur, sondern Kunst soll laut Gesetz gefördert werden.

Zweitens wird der „Aargau-Bezug“ neu definiert, also die Frage, wer überhaupt ein Gesuch einreichen darf. Bürger einer Aargauer Gemeinde zu sein, genügte nicht mehr. Wer hingegen in einer früheren Lebensphase mindestens 15 Jahre durchgehend im Aargau gewohnt hat, wird zugelassen, ebenso wer seit zwei Jahren den zivilrechtlichen Wohnsitz im Kanton hat oder durch Werk und Tätigkeit im Kulturleben präsent ist. Mit der neuen Regelung wurde der Kandidatenkreis eingeschränkt.

Die Jahre 2011 bis 2013 waren von einem nächsten einschneidenden Personalwechsel geprägt. Sieben von elf Kuratoren und Kuratorinnen mussten ersetzt werden, darunter die Präsidentin Irene Näf-Kuhn (Ende 2011), sowie der Geschäftsführer Jörg Zumsteg (2013). Hohe Anforderungen an die fachlichen Kompetenzen, vor allem aber die zeitliche Belastung durch Sitzungen und Veranstaltungsbesuche belasteten und ermüdeten. Traten in den ersten zwei, drei Jahrzehnten nicht wenige Mitglieder aufgrund der Amtszeitbeschränkung nach zwölf Jahren zurück, war dies in den letzten zwei Jahrzehnten kaum mehr der Fall. Die kürzeren Amtszeiten und die häufigeren Wechsel veränderten die Zusammensetzung: Das Kuratorium wurde jünger, professioneller und weiblicher.

Die neue Crew unter dem Präsidenten Rolf Keller (seit Ende 2011) und der Geschäftsführerin Marianne Bauer (2013-2015), an deren Stelle im Herbst 2015 Peter Erismann die Leitung der Geschäftsstelle übernahm, stand sogleich im publizistischem und politischem Gegenwind. Von „Kulturinfarkt“ war in einer weit herum beachteten Streitschrift die Rede, deren Untertitel die Stossrichtung der Kritik auf den Punkt brachte: Von allem zu viel und überall das Gleiche.[25] Die 2012 erschienene Polemik löste in der Presse eine Debatte über Sinn und Unsinn staatlicher Kulturförderung aus. Einer der gerne zitierten Vorschläge aus der Streitschrift lautete, die Hälfte der Kulturinstitutionen stillzulegen. Auf diese Provokation mussten Kulturinstitutionen und Fördergremien reagieren, umso mehr, als rechtsbürgerliche Blätter wie die „Weltwoche“ und Politiker der Schweizerischen Volkspartei (SVP) sich seit längerem an der staatlichen Förderung ihnen nicht genehmer Schriftsteller und Künstlerinnen störten.[26] Im Tätigkeitsbericht von 2012 druckte das Kuratorium in Form eines gut sichtbaren und greifbaren „Surplus“ die Stellungnahme „Sauerstoff für jeden Tag“ von Rolf Keller ab. Es handelte sich um die Quintessenz der im Kuratorium angeregten Selbstreflexion. Ziel der Kulturförderung müsse es sein, so Keller, mittels klarer Vorstellungen und transparenter und sauber definierter Kriterien der Bevölkerung im Kanton hochstehende Kultur zu bieten. Gute Entscheide beim Beurteilen der Gesuche benötigten drittens Fachkompetenz. Das Kuratorium bemühe sich laufend, seine Entscheidungskompetenz und sein Beurteilungsinstrumentarium zu verbessern, damit es im Aargau möglichst viel kultureller Sauerstoff zur Infarktprophylaxe gäbe.

Das politische Klima blieb garstig. Im Zug einer Leistungsanalyse innerhalb der kantonalen Verwaltung 2014 hatte sich auch das Kuratorium der Sparpotentialsuche zu unterziehen. Wenig überraschend zog die Übung zugunsten eines ausgeglichenen Staatshaushalts eine Kürzung des Kuratoriumsbudgets nach sich, und zwar um satte 1,2 Millionen Franken. Dank dem Swisslos-Fonds mit seinen Lotteriegeldern wurde der Fehlbetrag kompensiert, so dass der ursprüngliche Kredit von 6,2 Millionen Franken bestehen blieb. Allerdings wurden die Mittel auf diesem Niveau bis 2018 eingefroren. Dass das Budget formal um fast einen Fünftel gekürzt worden war, genügte der SVP nicht. Sie lancierte im Grossrat Sparanträge, die 2017 in eine nächste Kürzung von 200ʼ000 Franken mündeten. Wieder sprang der Swisslos-Fonds ein. Kulturförderung als Glücksspiel, wie Rolf Keller 2017 im Tätigkeitsbericht rhetorisch fragte. Die Tatsache jedenfalls, dass die zur Verfügung stehenden Mittel von 2009 bis 2018 zehn Jahre lang auf demselben Stand verharrten, ist in der 50-jährigen Geschichte des Kuratoriums einmalig.

Daran ändert das unter der Federführung der Abteilung Kultur und dem Präsidenten des Kuratoriums erarbeitete Kulturkonzept von 2016 nichts. Das Grundlagenpapier dient als Wegweiser für die kantonale Kulturförderung der Jahre 2017 bis 2022. Da sich die Kulturförderung der kommenden Jahre am bestehenden Finanzkorsett zu orientieren hat, schreibt das Papier den Status quo fest, auch wenn laut Regierungsrat Alex Hürzeler nichts dem Kulturleben abträglicher sei als „Stillstand“.

Zutat zum Kuchen oder Hefe im Teig?

Die Frage war 1969 für ein öffentliches Preisausschreiben über Sinn und Zweck staatlicher Kulturpflege vorgesehen, doch das Kuratorium liess die Idee eines Preisausschreibens wieder fallen. Die Frage allerdings bleibt aktuell. Mit Blick auf die Geschichte des Kuratoriums liesse sich 50 Jahre später vielleicht folgende Antwort darauf geben: Mit der Rolle als reine Zutat zum Kuchen wollte sich das Kuratorium nie zufrieden geben. Es strebte stets die Funktion der Hefe an, auch wenn der Aargauer Kulturteig nie so aufging, wie es sich die Mitglieder und Mitgliederinnen des Kuratoriums gewünscht hätten.

Anhang

[1] Das Gespräch fand am 4. Juli in Bern statt. André Moosbrugger leitete von 1969 bis 2003 die Abteilung Kultur im Erziehungsdepartement. Ihm gebührt ein herzlicher Dank für das geduldige Erklären und Beantworten von Fragen.

[2] Die Protokolle bis 1995 des Aargauer Kuratoriums sind im Aargauer Staatsarchiv aufbewahrt, Bestand Aargauer Kuratorium ZwA 2002.0006/1-802. Die Protokolle von 1969-72 befinden sich in den Schachteln 301-302.

[3] Die Aktennotiz ist als Unterlage für die Sitzung des Kuratoriums für den 30.9.1970 abgelegt. Siehe ZwA 2002.0006/301.

[4] Die Fachgruppe Bildende Kunst wurde dabei vom Berner Künstler Rolf Iseli unterstützt. Siehe dazu Max Matters Erfahrungsbericht in: Übersicht: Diese Kunst fördert der Kanton Aargau. Dokumentation des Kuratoriums für die Förderung des kulturellen Lebens des Kantons Aargau über die Werkjahrempfänger im Bereich Bildende Kunst, Aarau 1983, S. 267-271.

[5] Protokoll der 3. Sitzung des Kuratoriums vom 24.2.1970. Siehe ZwA 2002.0006/301.

[6] Protokoll der 9. Sitzung des Kuratoriums vom 16.11.1970. Siehe ZwA 2002.0006/301.

[7] Der umständliche Titel der Publikation lautet: Kuratorium für die Förderung des kulturellen Lebens (Hrsg.): Aarg. Kulturförderung: in den Jahren 1969-72 ausgerichtete Beiträge als Beispiele der Tätigkeit des Kuratoriums für die Förderung des Kulturellen Lebens im Kanton Aargau, Aarau 1973.

[8] Zofinger Tagblatt vom 22.5.1974. Ziziert nach Christian Lüthi et al.: Zofingen im 19. Und 20. Jahrhundert. Eine Kleinstadt sucht ihre Rolle, Baden 1999.

[9] Badener Tagblatt vom 21.10.1978. Zitiert nach Konrad Wittmer: 25 Jahre aargauisches Kulturgesetz. Eine Rückschau und ein Blick auf die aktuelle kulturpolitische Probleme, in: Aufklärung bis in die Niederungen – Politik im Schweizer Mittelland, Festschrift zur Verabschiedung von Dr. Arthur Schmid als Regierungsrat, hg. von Bruno Biberstein et al., Aarau 1993.

[10] Die nachfolgenden Zitate entstammen dem Protokoll der Grossratssitzung vom 17.10.1978. Siehe Verhandlungen des Aargauischen Grossen Rats, Amtsperiode 1977-1981, Band 1.

[11] Ursprünglich stammte die Idee für den Ausleihdienst von der Pro Argovia, der aber die finanziellen Mittel fehlten. Siehe Protokoll des Stiftungsrats Pro Argovia vom 15.2.1971, ZwA 2003 0047/11.1 (Protokolle des Stiftungsrats.

[12] In seinem Beitrag „Die Kunstförderung durch das aargauische Kuratorium“ für die Publikation „Übersicht: Diese Kunst fördert der Kanton Aargau. Dokumentation des Kuratoriums für die Förderung des kulturellen Lebens des Kantons Aargau über die Werkjahrempfänger im Bereich Bildende Kunst, Aarau 1983“ schreibt Matter, dass sich das Modell nicht bewährt habe. Siehe S. 268.

[13] Siehe dazu Tätigkeitsbericht des Aargauer Kuratoriums von 1982.

[14] Über die Vorgänge berichtete Rudolf Schmid vierzehn Tage später dem Kuratorium anlässlich der 100. Sitzung vom 19.5.1983. Siehe ZwA 2002.0006/308.

[15] Übersicht: Diese Kunst fördert der Kanton Aargau. Dokumentation des Kuratoriums für die Förderung des kulturellen Lebens des Kantons Aargau über die Werkjahrempfänger im Bereich Bildende Kunst, Aarau 1983.

[16] Die Rede ist im Tätigkeitsbericht von 1983 abgedruckt.

[17] Siehe die Berichte des Fachbereichs „Theater, Literatur“ in den Tätigkeitsberichten von 1983, 1984, 1985, 1986, 1987, 1988, 1989 und 1990.

[18] Siehe dazu den Tätigkeitsbericht von 1978.

[19] Siehe dazu den Tätigkeitsbericht von 1984.

[20] Konrad Wittmer: Kulturpolitische Standortbestimmung. Bericht an das Erziehungsdepartement, Abteilung Kulturpflege, Juli 1991.

[21] Protokoll des Regierungsrates des Kantons Aargau, Sitzung vom 12.8.1991.

[22] Siehe Albert Hausers Bericht zur Literatur im Tätigkeitsbericht 1992 und Ueli Dästers Beitrag zu den Bildenden Künsten im Tätigkeitsbericht von 1994.

[23] Siehe beispielsweise das Vorwort von Präsidentin Irene Näf-Kuhn im Tätigkeitsbericht von 2008.

[24] Vorwort von Präsidentin Irene Näf-Kuhn im Tätigkeitsbericht von 2008.

[25] Haselbach, Dieter et al.: Der Kulturinfarkt. Von allem zu viel und überall das Gleiche. Eine Polemik über Kulturpolitik, Kulturstaat, Kultursubvention, München 2012

[26] Der Artikel „Kunst kommt von Kassieren“ von Peter Keller in der „Weltwoche“ vom 12.1.2011 griff Kulturschaffende direkt an, indem er die bezogenen Gelder auflistete und suggerierte, Kulturschaffende würden sich auf Kosten des Staates ein angenehmes Leben leisten.